Kaunas

Von Vilnius anstrengende 140 km, aber auf guter Strecke und fast ohne Regen. Wieder zurück über Trakai, ganz in der Nähe, in Varnikai wurden im 2. WK die örtlichen Juden von den deutschen Besatzern zusammen getrieben und im Wald erschossen und anschließend verscharrt. Geschichten wie diese gehören in Osteuropa zu fast jedem Ort. Etwa auf halber Strecke, in Ziezmariai, eine seltene, restaurierte Holzsynagoge mit einem bemerkenswerten Foto der jüdischen Gemeinde vor dem Krieg auf einer Infostele.

Kaunas liegt schön an den Schlaufen und dem Zusammenfluss von Nemunas (Memel) und Neris und putzt sich vor allem in der Altstadt bereits für 2022 heraus (Kulturhauptstadt Europas). Zum Glück gibt es noch genügend authentische und schmuddelige Ecken. Neue Fahrradwege gibt es auch.

Zu manchen Orten spürt man sofort eine Verbindung. Kaunas ist lebendig und interessant. Graffiti sind im Stadtplan markiert, während viele modernistische Gebäude eher vernachlässigt wirken. Eindrücklich und schockierend zugleich ist der Zustand des jüdischen Friedhofs. In der Fußgängerzone wiederholen sich die Filialen der Kaffeeketten, auf den Parkplätzen der Altstadt trifft sich die Tuning Szene und terrorisiert im Anschluss auch die anderen Viertel. Bleibt zu hoffen, dass nicht alles zu glatt geschliffen wird, aber dafür gibt es noch viel zu viele Kanten.

Und noch ein paar Entdeckungen aus den örtlichen Museen: als Fluxus-Kunstwerk John Lennons Tagebuch von 1969, das das aufregende Leben eines Popstars zeigt (lesen) und ein mir völlig unbekannter, sehr vielseitiger litauischer Künstler (Symbolismus/Art Deco): Petras Rimsa.