Trekking im Markha Valley

Vor meinem abschließenden, langen Trek habe ich noch einige Tage Zeit. Mit einem US-Amerikaner den ich im Guesthouse in Leh getroffen habe beginne ich zusammen einen kurzen Homestay Trek (d.h. man übernachtet in den Dörfern unterwegs) im Markha Valley, südwestlich von Leh. Wir teilen uns die Kosten für das Taxi das uns bis nach Skyu bringt, damit kürzen wir die ersten Tage, die über zwei hohe Pässe führen ab. Das Tal das auf 3400 m Höhe startet bietet keinerlei Schatten und wie schon die ganze letzte Woche brennt die Sonne gnadenlos. Vor zwei Tagen habe ich mir meinen linken großen Zeh blutig geschlagen, mal schauen ob er hält. Am ersten Tag wandern wir über 20 km durch das flache Tal am Zanskar Fluss entlang bis nach Markha.

Die Homestays im Dorf haben ein Rotationssystem etabliert um Konkurrenz zu vermeiden, wir sollen bei zwei alten Damen in einem ärmlichen schmutzigen Häuschen übernachten, wollen aber lieber im schönsten Haus bei der jungen Dorfschönheit nächtigen, was uns schließlich nach langer Diskussion der gesamten Dorfgemeinschaft auch genehmigt wird. Irgendwie funktioniert das Prinzip „Gastgeber sucht sich seine Gäste aus“ nicht so richtig.
Der nächste Tag bringt die Wahl zwischen einer kurzen oder einer sehr langen Etappe mit Aufstieg bis kurz vor den Pass.  Mein Begleiter wählt die lange, ich entscheide mich meinem Zeh zuliebe für die kurze und so trennen wir uns in Hankar auf 4000 m Höhe, wo ich verschiedene Homestays besichtige und mich dann für das erstgesehene entscheide (das angeblich in der Rotation eh an der Reihe ist). Am frühen Nachmittag bade ich im kalten Fluss Markha, der bis zum Abend zu einem reißenden braunen Strom anschwillt, die weiteren Gäste am Mittag sind eine junge Israelin und eine Inderin in meinem Alter, die Probleme mit der Sonne oder der Höhe haben und deshalb von ihren jeweiligen Reisegruppen zurück gelassen wurden. Die Israelin wird später spektakulär vom Hubschrauber abgeholt, die Inderin fährt am nächsten Tag per Jeep zurück nach Leh. Gegen Abend trifft noch ein australisches Pärchen ein und eine in München lebende Bulgarin die, wie sich herausstellt, Teil meiner nächsten Reisegruppe zum Tso Moriri ist, und mit der ich bereits über WhatsApp kommuniziert hatte.

Das Ziel für den nächsten Tag ist das 4850 m hoch gelegene, zwölf km entfernte Zeltcamp Nimaling, letzter Stopp vor dem 5260 m hohen Pass Konmaru La, der am letzten Tag zu bewältigen ist. Nachdem die letzten zwei Tage im flachen, heißen Tal landschaftlich etwas langweilig waren, ist der angenehm gleichmäßige Aufstieg zum Zeltcamp voller Abwechslung und geologischer Vielfalt, das Camp selbst liegt in einem weiten, gewellten Tal unterhalb des Passes, das ein wenig an die Mongolei erinnert. Auf der anderen Talseite ragt der Doppelgipfel des 6400 m hohen Kang Yatse empor, der niedrigere Yatse II hat einen geringen Schwierigkeitsgrad und lässt sich mit Führer und einer relativ günstigen Genehmigung innerhalb von zwei Tagen besteigen. Yatse I ist ein ganz anderes Kaliber. Im Camp bereiten sich verschiedene Gruppen auf die Besteigung von Yatse II vor, die ab Camp insgesamt 12 bis 14 Stunden dauert und größtenteils nachts erfolgt. Ich bin normalerweise kein Gipfelstürmer, aber dieser reizt mich, weil ich weiß, dass ich in meiner guten Verfassung vermutlich dazu in der Lage wäre.

Der Konmaru Pass am nächsten Tag bereitet meiner bulgarischen Begleitung und mir keine Schwierigkeiten und der Ausblick ist atemberaubend, bei sehr guter Sicht kann man von hier angeblich den Karakoram und den K2 sehen. Der Abstieg in das enge Flusstal auf der anderen Seite ist wunderschön und vielseitig, mal auf schmalen Pfaden, oft direkt durch das Flussbett. Wir beeilen uns, denn die letzten Tage haben gezeigt, dass kleine Wasserläufe sich wegen der starken Sonnenstrahlung und der entsprechend starken Gletscherschmelze gegen Mittag in schlammige reißende Flüsse verwandeln.

Mittags holt uns ein Taxi in Chogdo ab und bringt uns nach Leh, die Fahrt ist nochmal unerwartet spannend, denn der Motor des Minibusses ist kurz vorm Exodus. Die nächsten Tage in Leh bleiben zur Erholung, bis es auf die letzte große Wanderung geht.